13.04.2016

{Gelesen}: Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben | Matt Haig

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Autor: Matt Haig
Titel: Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben 
Genre: Ratgeber, Selbstreflektion, Sachbuch
Übersetzer: Sophie Zeitz 
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft [18.03.2016]
HC, 304 Seiten, 18,90 €
ISBN: 3423280719
Kindle-Edition: 15,90 €
ASIN: B017RCSWSK
[Whispersync for Voice verfügbar

Bewertung:

Inhaltsangabe (Amazon):

Ein Buch, das es eigentlich gar nicht geben dürfte. Denn mit gerade mal 24 Jahren wird Matt Haig von einer lebensbedrohlichen Krankheit überfallen, von der er bis dahin kaum etwas wusste: einer schweren Depression. Es geschieht auf eine physisch dramatische Art und Weise, die ihn buchstäblich an den Rand des Abgrunds bringt. Dieses Buch beschreibt, wie er allmählich die zerstörerische Krankheit besiegt und langsam ins Leben zurückfindet. Eine bewegende, witzige und mitreißende Hymne an das Leben und an das Menschsein – ebenso unterhaltsam wie berührend. »Ich habe dieses Buch geschrieben, weil letztendlich doch etwas dran ist an den uralten Klischees: Die Zeit heilt alle Wunden, und es gibt ein Licht am Ende des Tunnels, auch wenn wir es zunächst nicht sehen können. Und manchmal können Worte einen Menschen tatsächlich befreien.« Matt Haig

Meine Meinung:

Es gibt einige Ratgeber, medizinische Sachbücher und Erklärungen zum Thema Depressionen. Doch meist werden schablonenartige Raster gezeichnet, die zwar in der Theorie gut klingen, aber nicht auf jeden Krankheitsfall angewandt werden können, weil eben jeder individuell ist und die Krankheit sich bei jedem anders äußert. Es gibt immer Schnittmengen, aber was dem einen hilft, kann bei dem anderen im besten Fall gar nichts verursachen, im schlimmsten Fall sogar nach hinten losgehen.

In der heutigen schnelllebigen Zeit, in der von jedem so unendlich viel gefordert wird, ist es verheerend, wenn der Mensch von sich selbst am meisten fordert, die Anforderung hat, perfekt zu sein und dann sensibel an Kritik sein Selbstwertgefühl verliert, zu grübeln beginnt und damit nicht mehr aufhören kann, schlaflos über Belanglosigkeiten und Möglichkeiten grübelt, die wahrscheinlich nie stattfinden werden und dabei selbstzerstörerische Gedanken und Taten folgen lässt. Ein solcher Mensch braucht Hilfe. Er muss sich zwar letzten Endes selbst beim Schopf packen und aus dem Sumpf ziehen (aus dem Baron von Münchhausen), aber ohne Hilfe von außen wird dies nicht so ohne weiteres gelingen.

Was hilft, sind auf jeden Fall Gespräche und Bewegung. Und ganz wichtig – Matt Haig streicht es in seinem ganz besonderen Buch heraus – ist die Liebe, Menschen, die für den grübelnden, zitternden und ängstlichen Menschen da sind und solche Sätze wie “Nun reiß dich mal zusammen. So schlimm kann es doch nicht sein.” tunlichst lassen sollten, denn es IST schlimm. Sehr schlimm. Menschen, die noch nie eine Depression hatten, können sich nicht in ein solches Gefühl, eine solche Situation hineindenken, können es einfach nicht begreifen, WIE schrecklich es ist, in einem Abgrund gefangen zu sein und keinen Lichtschimmer mehr zu sehen.

Auch Angehörige können an einer solchen Situation zerbrechen, sich überfordert fühlen, denn man steht dem hilflos gegenüber. Ein aufgeschrammtes Knie kann man verpflastern, pusten und einen Kinderreim singen, aber was macht man, wenn man von suizidalen Gedanken hört?

Als ich dieses Buch zu lesen begann, habe ich mir eine ganze Menge erhofft, und dann zog es mich auf den ersten etwa 80 Seiten selbst hinunter, denn Matt Haig erzählt ungeschönt, wie er diese Zeit der schlimmsten Depression erlebt hat. Mein Fluch ist, dass ich mich in andere Menschen immer sehr gut hinein versetzen kann und so projizierte ich das Gelesene auf einen geliebten Menschen, der gerade Schlimmes durchmacht. Und konnte selbst nicht schlafen.

Doch auf den nächsten Seiten geht es bergauf. Matt schreibt, was ihm selbst geholfen hat, wie er selbst Stück für Stück Fortschritte machte und bei dem nächsten Schub auf der Erfahrung aufbauen konnte, dass es schon mal schlimmer war und wieder besser wurde, dass es Hoffnung, eine Zukunft gibt.

Dieses Buch ist anders als andere Ratgeber. Es zeigt Möglichkeiten, Hoffnung und Beispiele, mit dieser Krankheit umgehen zu können, für Betroffene gleichermaßen wie für Angehörige. Mir persönlich hat es viel gegeben, und ich hoffe, es wird dem Menschen, dem ich das gebundene Buch überlassen habe, eine helfende Hand reichen, um wieder zurück zu ungehemmter Freude und einem erfüllten Leben zu finden.

Und euch empfehle ich, die ersten 80 Seiten an einem Stück und keinesfalls abends vor dem Schlafengehen zu lesen. Besser lest ihr am Tage noch ein wenig weiter…

Ich gebe 09/10 Punkte 

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Zitate:

Ich bin du und du bist ich. Wir sind allein und doch nicht allein. Wir sind in der Zeit gefangen, doch wir sind auch unendlich. Wir sind aus Fleisch, aber auch aus den Sternen.
Pos. 1906

Lies, was du willst. Hauptsache, du liest. Bücher sind Möglichkeiten. Sie sind Fluchtwege. Sie geben dir Optionen, wenn du keine hast. Jedes Buch kann ein Heim für einen entwurzelten Geist sein.
Nr. 36, Pos. 1954

39. Wenn du denkst, du hast keine Zeit zum Entspannen , ist das der Moment, in dem du dir dringend Zeit zum Entspannen nehmen solltest.
Pos. 1960

Bücher des Autors:

Ich und die Menschen – rezensiert 03.07.2014 – 11/10 Punkte
Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben – beendet 13.04.2016 – 09/10 Punkte

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