Autor: Jonas Winner |
Bewertung:
Inhaltsangabe (Amazon):
Sammy ist elf und gerade mit seinen Eltern nach Berlin gezogen. Im Luftschutzbunker der alten Jugendstilvilla, die die Familie im Grunewald bezogen hat, macht er eine verstörende Entdeckung. Ein vollkommen verängstigtes Mädchen, nicht viel älter als er, ist dort unten in einer Zelle eingesperrt, die man mit Gummifolie ausgekleidet hat. Nur durch einen winzigen Schlitz hindurch kann er sie sehen. Am nächsten Tag ist die Zelle leer, das Mädchen verschwunden. Und für Sammy kann es dafür eigentlich nur einen Grund geben: seinen Vater.
Meine Meinung:
Ein elfjähriger Junge zieht mit seinen Eltern, seinem älteren Bruder und einem Au-pair-Mädchen nach Berlin und macht eine unheimliche Entdeckung, doch kaum einer glaubt ihm, was er gesehen hat, denn kurz darauf ist keine Spur des Mädchens mehr zu finden. Und so ist Sammy in einem Alptraum gefangen und erzählt uns in der ersten Person, was er erlebt. Und das nachvollziehbar und weitestgehend dem Alter entsprechend. Seine Gefühle umfassen ein breites Spektrum, gerade gegenüber seinem Vater. Einesteils hat er Angst vor ihm, andererseits möchte er aber auch seine Aufmerksamkeit und Anerkennung. Es sind Sommerferien und niemand scheint Zeit für ihn zu haben.
Das Szenario spielt sich in Berlin ab, im Grunewald, einer Jugendstilvilla und den Kellergängen eines Luftschutzbunkers darunter. Es ist erstaunlich, dass im Grunde genommen wenig Handlung mit nur wenigen Orten, aber viel Präzision, Detailtreue und Gedankenkonstrukten eine Atmosphäre schaffen, die voller Grauen und vielen Fragen für unterschwellige Spannung sorgt.
In Kursiv eingeschobene Passagen schildern die [mutmaßliche] Vorgehensweise des Täters und enthüllen Stück für Stück mehr von der Geschichte des Mädchens, das Sammy in der Zelle gesehen hat. Somit verdichtet sich nach und nach der grauenvolle Verdacht bis zu einer Wende am Ende, die mich vollkommen von den Socken gehauen hat und mich dazu bringt, alles noch einmal zu überdenken.
Teilweise waren mir die bildreichen Gedanken des 11jährigen Jungen zu heftig. Er hat eine Vorstellungskraft von grauenvollen Verbrechen, die mehr als erschreckend ist. Es kann eigentlich nicht nur daran liegen, dass er niemanden zum Spielen hat und gänzlich auf sich allein gestellt ist. Die Mutter kaum zuhause, der Vater am Komponieren und der Bruder will auch nicht gestört werden. Dass man da auf Dummheiten kommt, ist schon klar, aber so?
Ich gebe 09/10 Punkte und bedanke mich herzlich für das Rezensionsexemplar!
Zitat:
“Was machst du? GEHST DU MIR NACH?” Die Augen hinter den halb den Himmel spiegelnden Brillengläsern glühend. Die Adern in den nackten Armen hervortretend.
”Papa…”
”ICH HAB DIR EINE FRAGE GESTELLT!” Die Worte schnitten durch mich hindurch wie erhitzte Drahtseile. Ich spürte, wie mein ganzer Körper, der damals noch recht klein und mager war, sich straffte.
14. Kapitel, S. 81
Bücher des Autors:
Berlin Gothic
Davids letzter Film
Der Architekt
Das Gedankenexperiment
Die Zelle – beendet 22.02.2016 – 09/10 Punkte
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