Autor: Michael Römling
Titel: Seitenwechsel
Genre: Roman mit historischem Hintergrund
Verlag: Coppenrath, [01.06.2014]
HC, 448 Seiten, 17,95 €
ISBN: 3649615177
Kindle-Edition: 448 Seiten, 13,99 €
ASIN: B00KPXY3YG
gelesen [auf dem Icarus Illumina via Skoobe]
Bewertung:
Inhaltsangabe (Amazon):
Zwei Brüder zwischen den Fronten der Geheimdienste, von der Stasi erpresst, gefangen in Ostberlin.
Berlin im Sommer 1961: Die Brüder Bernhard und Julius teilen sich eine Wohnung im Osten der Stadt. Während Julius mit seinem amerikanischen Freund Jack durch die Westberliner Jazzkeller tingelt, beobachtet Bernhard in einem brandenburgischen Wald sowjetische Soldaten bei einer mysteriösen Verladeaktion. Am nächsten Morgen findet er seinen Vater erhängt auf. War es wirklich Selbstmord, wie die Stasi behauptet?
Bernhard und Julius beginnen, heimlich Nachforschungen anzustellen und geraten dabei zwischen die Fronten der Geheimdienste. Von der Stasi erpresst, beschließen sie, sich in den Westen abzusetzen. Doch in der Nacht ihrer Flucht versperren Stacheldraht und Wachposten ihnen den Weg: Von einem Tag auf den anderen ist Ostberlin zu einem Gefängnis geworden, in dem die Brüder keine ruhige Minute mehr haben.
Meine Meinung:
Weltgeschichte, Deutsche Geschichte, UNSERE Geschichte. In Romanform verpackt gefällt mir Geschichte schon mal viel besser als in Geschichtsbüchern, die Fakten aneinanderreihen. Ken Follett konnte mich mit seinen “Kinder(n) der Freiheit” nicht wirklich begeistern, obwohl einige Szenen über die Zeit des Mauerbaus sehr anschaulich geschildert wurden; dies schaffte Michael Römling.
Obwohl es sich um einen Roman handelt – mit historischen Fakten untermauert –, hätte sich diese Story aber genauso abspielen können. Allein das jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Ich selbst bin zwar erst nach dem Bau der Mauer zur Welt gekommen, aber habe einiges auch später noch miterlebt, wie es in diesem Buch geschildert wurde. Wer es noch nicht weiß – ich bin ursprünglich Berlinerin und habe dort bis kurz vor dem Fall der Mauer gelebt.
Viele Schauplätze sind mir bekannt, ich bin selbst von der Stasi verhört worden, weil ein Freund selbst erstellte bebilderte Dokumentationen über Punks in der DDR über die Grenze schaffte (“Vaterlandsverrat”, da es Punks offiziell in der DDR natürlich nicht gab, genauso wenig wie Arbeitslose…) – er hat dafür jahrelang in Bautzen eingekerkert verbracht. Später schrieb er politische Bücher: Mehl aus Mielkes Mühlen und Der Richter und sein Lenker. Vielleicht interessiert sich ja der eine oder andere von euch für dieses Thema.
Beim Lesen des Buches habe ich mich in meine Kindheit und Jugend zurück versetzt gefühlt. Dem Autor ist es gelungen, nicht nur die historisch belegten Fakten seinen Lesern spannend zu präsentieren, er hat auch eine Geschichte darum gewoben, die so durchaus hätte passiert sein können. Die verwandten Begriffe waren authentisch, der ständig genutzte Begriff “Genosse” vor jedem Titel kam sicherlich erst später, und auch die Gehirnwäsche der Massen, die bereits in den Kindergärten begann, war erst eine Folge der Abspaltung und des Einflusses der Sowjetunion.
Das Schlimmste war meiner Meinung nach die Spaltung innerhalb von Familien und Freunden bzw. Jugendgruppen, wenn die eine Hälfte “linientreu” und die andere eher hinterfragend an neue Parolen heran ging. Nie war man sicher, wer ein Spitzel war und brühwarm weitererzählte, was man von sich gab. Also hielt man schön seine Klappe. Manchmal konnte man die Genossen von der Staatssicherheit allerdings sehr gut ausmachen, wenn sie einem auf Schritt und Tritt folgten. Dann traten sie in Zweiergruppen auf, in “Ost-Jeans” und grünen Parkas, schauten scheinbar interessiert in irgendwelche Schaufenster, wenn man stehen blieb…
Ich gebe 10/10 Punkte. Wirklich sehr gute Arbeit! Und wenn ich wieder einmal in Berlin bin, werde ich mir das Museum am Checkpoint Charlie ansehen.
Zitat:
„»Wie man’s nimmt. Wir sitzen im Käfig und dürfen raus. Die anderen stehen um den Käfig herum und dürfen nicht rein. Das absurdeste Gefängnis der Welt.«”
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