16.05.2016

{Gehört}: Aquarium | David Vann

Autor: David Vann
Titel: Aquarium 
Genre: zeitgenössische Literatur
Übersetzer: Miriam Mandelkow 
Verlag: Suhrkamp [27.03.2016]
HC, 282 Seiten, 22,95 €
Kindle-Edition: 19,99 €
parlando Verlag, [04.05.2016]
Spieldauer: [389 Minuten] (ungekürzt)
Sprecher: Eva Meckbach 
Reg. Preis/im Premium-Abo/im Flexi-Abo:
20,95 € / 19,50 € bzw. 1 GH / 9,95 €

Bewertung:

Inhaltsangabe (Audible):

Die zwölfjährige Caitlin lebt allein mit ihrer Mutter in einem Vorort von Seattle. Jeden Tag geht sie nach der Schule ins öffentliche Großaquarium und wartet dort, bis ihre Mutter sie abends nach der Arbeit abholt. Sie ist fasziniert von den stummen, bunten Wesen hinter dem Glas und geht ganz in der rätselhaften Unterwasserwelt auf. Eines Tages trifft sie im Aquarium einen älteren Mann, der die Fische ebenso zu lieben scheint wie sie selbst. Sie freundet sich mit ihm an - und öffnet damit nichtsahnend die Tür zur Vergangenheit ihrer Mutter. Eine Tür, die diese verzweifelt wieder zu schließen versucht, und sei es mit drastischen Mitteln.

Meine Meinung:

Es gibt Bücher, die liest oder hört man mit gemischten Gefühlen, bewertet sie nicht unbedingt als etwas Herausragendes, und doch gibt es in ihnen etwas, das einem auch nach Jahren noch im Gedächtnis bleibt, das nachhallt und einen beschäftigt. So ergeht es mir sehr wahrscheinlich auch mit diesem Buch.

David Vann ist ein Schriftsteller, der das Problematische, das Dramatische in Worte zu packen und uns Leser und Hörer aufzurütteln vermag. Auch dieses Buch birgt eine Dramatik, Tiefe und Brutalität in sich, aber auch den Wunsch nach Erlösung, Liebe und Vergebung.

Verletzt, wütend, ja von Hass zerfressen begegnet uns Caitlins Mutter Sheri, die aufgrund ihrer verlorenen Kindheit teilweise eine Brutalität und Vehemenz an den Tag legt und an Caitlin auslässt, die mich zutiefst schockiert hat. Ich bin in einem behüteten Elternhaus aufgewachsen und habe die Liebe, die ich erfahren habe, an meine Kinder weitergeben können. Um so mehr entsetzt es mich, zu erfahren, dass es auch vollkommen anders zugehen kann, selbst bei einer Mutter, die ihr Kind liebt und versucht, das Beste aus beider Leben zu machen, aber eine vollkommen andere Ausgangssituation hat. Hier beweist sich, dass Umwelt den Menschen formt.

Jeder Charakter wird sehr plastisch dargestellt. Am leichtesten identifizieren konnte ich mich noch mit Caitlin selbst, die ein aufgewecktes und träumerisches Kind ist, ihre Mutter bis zu einem bestimmten Tag bedingungslos liebt, eine Affinität zu Fischen entwickelt und die erste wahre Liebe entdeckt. Sie lernt eines Tages ihren Großvater kennen, ohne dies zu ahnen, und stürzt damit nicht nur ihre Mutter in ein Gefühlschaos, sondern muss erfahren, wie sich innerhalb weniger Tage ihr Leben vollkommen verändert. In kürzester Zeit wird sie mehrmals vor Entscheidungen gestellt, die für eine 12jährige viel zu tiefgreifend sind und stößt an ihre eigenen “Grenzen von Vergebung”, ein Umstand, der sie frühzeitig erwachsen werden lässt.

David Vann benutzt auch dieses Mal wieder eine gewaltige Sprache mit viel Tiefe und philosophischen Erkenntnissen, die wir durchaus drehen und wenden können, und doch nicht davon loskommen.

Eingelesen hat Eva Meckbach. Gerade die hasserfüllte Wut der Mutter kommt so glaubhaft rüber, dass ich beim Hören nicht nur schockiert, sondern sogar zusammengezuckt bin.

Ein Buch, das mich bewegt hat, und das ich zur Lektüre empfehle. 08/10 Punkte.

Bücher des Autors (Wikipedia):

1. Im Schatten des Vaters
2. Die Unermesslichkeit
3. Dreck – rezensiert 10.10.2013 – 07/10 Punkte
4. Goat Mountain
5. Aquarium – beendet 16.05.2016 – 08/10 Punkte

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